Digitale soziale Medien haben die Wahrnehmung und Reflexion von Gegenwart und Aktualität wie auch die Möglichkeiten und den Status von Gegenwartsliteratur verändert. Ob sie Publikationsort, Thema oder Strukturelement sind, sie verändern die Art und Weise, wie ein Text gemacht, wie und was erzählt – und wie Gegenwart gedacht wird. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Kopplung von digitalen sozialen Medien und neuen Gegenwartsbegriffen in zeitdiagnostischen Texten der letzten Jahre. Das Schreiben mit und auf digitalen sozialen Medien wird häufig mit überfordernden Erfahrungen von Beschleunigung und Unmittelbarkeit in Verbindung gebracht, die einen „rasenden Stillstand“ zur Folge hätten. Die Rede ist von „breiter Gegenwart“, einem „Present Shock“ oder von der „absoluten Gegenwart“.
In Übereinstimmung mit Thesen zur (post-)digitalen Kultur setzt die Tagung ‚nach der Digitalisierung‘ an, indem sie Reaktionen auf die Konsolidierung digitaler Technologien seit Mitte der 2000er Jahre in den Blick nimmt. Vor diesem Hintergrund zielt sie auf eine Bestandsaufnahme und Analyse der Schreibweisen, mit denen unter den Bedingungen der Digitalisierung Konzepte von Gegenwart und Modi von Gegenwärtigkeit mit Bezug auf digitale soziale Medien reflektiert, veranschaulicht und profiliert werden.
Die Tagung findet online über Zoom statt. Die Abendveranstaltungen sind öffentlich und über die Website des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs zugänglich. Für die anderen Teile der Tagung bitten wir um Anmeldung über https://www.wiko-greifswald.de/programm/allgemeines/veranstaltungskalender/veranstaltung/n/soziale-medien-schreibweisen-der-gegenwart-nach-der-digitalisierung/.
Tagungsprogramm
Donnerstag, 8. Juli 2021
18:00 Uhr: Shared Uncertainty and Individual Prediction. Does Algorithmic Forecast Affect the Open Future? Keynote von Elena Esposito (Bielefeld/Bologna)
Moderation: Eckhard Schumacher
Freitag, 9. Juli 2021
9:00 Uhr: Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Begrüßung
9:05: Elias Kreuzmair/Magdalena Pflock/Eckhard Schumacher (Greifswald): Begrüßung und Einleitung
I. Aktualisierung/Aktualität
9:30 Uhr: Johannes Franzen (Bonn): Echtzeitfeuilleton? Die Aktualität des Kulturjournalismus nach der Digitalisierung
10:30 Uhr: Kaffeepause
11:00 Uhr: Anika Meier (Hamburg): The Artist Is Live. Ist das Kunst oder Content?
12:00 Uhr: Philipp Ohnesorge (Greifswald): Buffering… – Das Aktuelle, das Virtuelle und das Gespenstische in den Sozialen Medien
13:00 Uhr: Mittagspause
II. Multiple Gegenwarten
14:00 Uhr: Tobias Unterhuber (Innsbruck): Spiel(en) als Heterochronie
15:00 Uhr: Berit Glanz (Greifswald): Tweets von gestern: Meme-Diffusion in etablierten Zentrum-Peripherie Verhältnissen
16:00 Kaffeepause
16:30 Stephan Porombka (Berlin): Ein Medium der Gegenwart sein
17:30 Pause
18:00-19:30 Uhr: Digital first? – Verlegen und Publizieren mit und auf sozialen Medien Gespräch mit Christiane Frohmann (Frohmann Verlag, Berlin), Nikola Richter (Mikrotext, Berlin) und Sophia Rohwetter (­ magazine, Wien)
Moderation: Magdalena Pflock
Samstag, 10. Juli 2021
III. Akzeleration/Stagnation
9:00 Uhr: Niels Penke (Siegen): Akzeleration und Experiment. Wie viel Variation verträgt die Instapoetry?
10:00 Uhr: Annekathrin Kohout (Siegen): Der Feed: Selbsttechnik aus Versehen
11:00 Uhr: Kaffeepause
11:30 Uhr: Marcus Quent (Berlin): Alles und nichts. Ausdehnung und Schrumpfung der Gegenwart
12:30 Uhr: Mittagspause
IV. Archiv und Gedächtnis
13:30 Uhr: Jochen Walter/Karin Schmidgall (beide Marbach): Im Netz! Weblogs und Netzliteratur im Archiv
14:30 Uhr: Hanna Engelmeier (Essen): Eine Theoriegeschichte elektronischer und digitaler Literatur als Archiv für Schreibweisen der Gegenwart
15:30 Uhr: Kaffeepause
16:00 Uhr: Thomas Ernst (Amsterdam/Antwerpen): Den Holocaust in Sozialen Medien erinnern? Interaktive Narrationen, digitale Erinnerungsorte und ihre Vergegenwärtigung
17:00 Uhr: Kathrin Passig (Berlin): Die besten 3000 Tweets der letzten drei Tage
18:00 Uhr: Lesung und Gespräch mit Juan S. Guse (Hannover)
Moderation: Elias Kreuzmair