Der Mikrobloggingdienst Twitter ist ein häufig gewähltes Beispiel, wann immer gegenwärtig die Beschleunigung der Welt beklagt wird. Er wird zur Chiffre einer Zeitwahrnehmung, die von Autor*innen wie Armen Avanessian (#Akzeleration, 2013) oder Douglas Rushkoff (Present Shock, 2013) zu beschreiben versucht wurde. Die enge Verknüpfung der Zeitdiagnosen mit Twitter und die Assoziation des sozialen Netzwerks mit Kürze und Geschwindigkeit verdient größere literaturwissenschaftliche Aufmerksamkeit. Zugleich stellt die Beschäftigung mit Twitter-Texten eine besondere Herausforderung dar, weil Digitalisierung nicht nur Produktion und Edition literarischer Texte verändert hat, sondern auch ihre Rezeption und Analyse.
Im Rahmen des Workshops sollen Twitter-Texte als Reflexionsmedien von Zeit einer näheren Betrachtung unterzogen und neue Arten der Lektüre erprobt werden. Aufgrund ihrer digitalen Verfasstheit liegen Methoden, die in den Digital Humanities genutzt werden, nahe, sind aber gerade in diesem Fall mit Verfahren des close readings zu kombinieren. Liegt die Stärke der digitalen Analyse in der Untersuchung großer Textmengen, können herkömmliche literaturwissenschaftliche Methoden insbesondere die spezifische Kürze der Tweets fokussieren. In einer Kombination beider Ansätze soll der Workshop folgende Fragen diskutieren: Was ist die Gegenwart eines Tweets? Wie wird auf Twitter über Zeit geschrieben? Wie hängen Kürze und Zeitwahrnehmung zusammen? Und wie lässt sich Twitter als Netzwerk von Texten in den Blick nehmen?
Mit Beiträgen von Ilona Hartmann (Berlin), Maren Jäger (Berlin), Johannes Paßmann (Siegen), Ann-Marie Riesner (Düsseldorf), Mareike Schumacher (Hamburg). Das Programm und Hinweise zur Anmeldung (bis 7. Dezember 2020) finden Sie in der Datei unten sowie auf den Seiten des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs.
Wissenschaftliche Leitung: Dr. Elias Kreuzmair, Magdalena Pflock M. A. (beide Universität Greifswald)